setzt sich schon seit längerem mit neuen Formen des Ornamentalen auseinander. Dabei entdeckte sie neben der Fotografie, die sie als Vorlage für ihre Arbeiten verwendet, das Bemalen von Fliesen. Dazu gehören verschiedene Zyklen, zu Adam und Eva http://www.widawski.com/glasur-garteneden.html, zu Mischwesen http://www.widawski.com/glasur-mischwesen.html und zur Selbstbefragung "Artist's Rest" http://www.widawski.com/glasur-artistsrest.html.
Für ihren Katalog "Fayence", der soeben im August 2016 erschienen ist, habe ich den Text "Der zärtliche Pan / The Tender Pan" geschrieben.
Hier der Anfang des Textes:
Der zärtliche Pan
oder Vom wunderlichen Wert der Selbstfindung
Dana Widawski bemalt Fliesen. Fliesen wie in jedem beliebigen Badezimmer, Fliesen, wie sie vor Jahrhunderten in Delft kobaltblau bemalt wurden, um mit der Schönheit der Welt an die Vergänglichkeit des irdischen Daseins zu erinnern. Dana Widawski entdeckte diese künstlerische Ausdrucksmöglichkeit bei einem Projekt, für das sie etwas besonders Haltbares an einer Hauswand gestalten sollte, das auch vor einem Brand geschützt wäre. „Garten Eden“ (2014) war das Resultat: das erste Paar der biblischen Schöpfungsgeschichte, das Paar vor allen Paaren, Adam und Eva, auf zwei getrennten Fliesenflächen, beide nackt, beide mit einem Schutzhelm auf dem Kopf und ausgestattet mit Werkzeugen wie aus einem Heimwerkergeschäft, Eva mit einer Motorsäge, Adam mit einer Axt. Auch die Schlange wurde verdoppelt, um das Getrenntsein des Paares zu unterstreichen: auf Evas Seite schlängelt sie sich um ihren Körper, bei Adam umschlingt sie den Baumstamm (eine Art verschobener Riesenphallus) und blickt aus den Ästen auf ihn hinab. Adam hält den Apfel auf seinen Fingerspitzen nach oben, man weiß nicht recht, ob er ihn pflückt oder jemandem anbietet, den wir nicht sehen. Eva wiederum hält ihren halbaufgegessenen Apfel nachlässig in der Hand, die Schlange sperrt das Maul auf, um davon abzubeißen. Was dieses Paar par excellence zu einen scheint, ist der idyllisch anmutende Baum, die herumflatternden Vögelchen sowie der Hintergrund, allesamt ornamental aufgefasst und böse gebrochen: denn zwischen den Blumenranken finden sich die Banknotenzeichen Dollar, Euro, Pfund und Yen. Eva scheint zu überlegen, an welchen Ast sie ihre Säge ansetzen soll, Adam scheint mit der Axt das anschließende Zerkleinern übernehmen zu wollen. Die Zeiten stehen schlecht für Paare, die große Schöpfung der Welt und das große „Sich-Erkennen“, was einmal das biblische Sich-Lieben bezeichnete, sind heruntergekommen auf ein nicht einmal mehr gemeinsames Werkeln, womöglich Verschandeln der Natur. Ist das die neue Nachricht unter dem Baum der Erkenntnis?
(...) Fortsetzung siehe Katalog, zu beziehen über die Künstlerin: http://www.widawski.com/glasur-pan.html
Madame Rêve und Artist's Rest
sind weitere Arbeiten aus diesem Zusammenhang:
Acryl/ Schablonendruck auf Textfragmenten erotischer Erzählungen
eine Arbeit aus Artist's Rest:
Bemalte Fliesen
↓ Englisch ↓
The Tender Pan
Or About the Strange Quality of Self-discovery
Dana Widawski paints tiles. Tiles like in any bathroom, tiles as they were painted in cobalt-blue centuries ago in Delft, to remind us, with their worldly beauty, of the transitoriness of mortal existence. Dana Widawski discovered this artistic possibility of expression during a project, in which she was to create something particularly long-lasting on a house wall, and which would also be fire-proof. “The Garden of Eden” (2014) was the result: the first couple in Genesis, the couple of all couples, Adam and Eve, on two separate tile surfaces, both naked, both wearing safety helmets and carrying tools as from a do-it-yourself store, Eve with a power saw, Adam with an axe. The serpent has also been portrayed twice, in order to emphasize the separateness of the couple: on Eve’s side the serpent winds itself around her body, on Adam’s side it winds itself around the tree trunk (a kind of displaced giant phallus) and looks down on him from the branches. Adam holds the apple upwards with his fingertips, one doesn’t really know whether he is plucking it or offering it to someone we can’t see. Eve, on the other hand, holds her half-eaten apple carelessly, the serpent opens its mouth as if to bite into it. What appears to unite this couple par excellence are the seemingly idyllic tree, the fluttering birds and the background, all of them decoratively placed but broken with evil intent: for between the flowering tendrils are Dollar, Euro, Pound and Yen banknote symbols. Eve seems to be wondering which branch she should saw off, whereas Adam appears to want to take over the chopping with his axe. It’s a bad time for couples, the great creation of the universe and the great “getting to know each other”, which once characterized the biblical expression of love between men and women, have been reduced to a not-even-shared tinkering with and possibly disfiguring nature. Is this the latest news under the tree of knowledge?
(...)
(Translation by Elizabeth and Wilfried Hemp)