Die Qualle und die Operette
Text von Tanja Langer
Kürzlich las ich, dass die in Pakistan geborene Künstlerin Aisha Khalid in der westlichen Kunst eine sonderbare Vernachlässigung des Schönen beobachtet und die Vermutung geäußert habe, dass diese wohl durch den Zweiten Weltkrieg beschädigt worden sei bzw. ihr Sinn für sie.
Umso mehr freut es mich, Sie in einer Ausstellung begrüßen zu dürfen, in der sich durchaus von Schönheit sprechen lässt, nicht in einem einfachen Sinn, sondern als überraschendes Destillat einer eingehenden Beschäftigung, mit farbigen Schatten, leuchtenden Quallen, Dingen, die irritieren, wie Falten, Spalten und Fahrstühle, Gräser, Wind und Wolken, eine Irritation, die in die Papierarbeiten von Ina Abuschenko-Matwejewa und die Fotoarbeiten von Barbara Schnabel als kraftvolle Spannung eingewandert ist und ihre außerordentliche Anziehungskraft ausmacht.
Die Künstlerinnen, beide mit Anerkennungen und Preisen ausgezeichnet, beide eigenwillig in ihren Erforschungen von Wahrnehmungen und Formen, haben vor einiger Zeit festgestellt, dass es trotz ihrer sehr unterschiedlichen Herangehensweisen Korrespondenzen zwischen ihnen gibt. Um diesem Eindruck auf den Grund zu gehen, beschlossen sie, sich zu einer Ausstellung zusammenzutun, wiederum selbst eine schöne Idee, und als sie mir eine erste Auswahl von Arbeiten vorstellten, fiel mir das Wort „Zwiegespräch“ ein. Um 1800 kam es auf, zur Zeit der Romantiker also, die, wie die beiden, fasziniert von der Natur, Fragmenten und winzigen Dingen, den Austausch über die Geheimnisse des Lebens bei intimen, köstlichen Begegnungen führten, gern an einem ruhigen Ort, am liebsten sogar in der Natur. Ein Zwiegespräch, so lehrt uns das Grimmsche Wörterbuch, führt auch die Seele mit sich selbst, der Mensch mit seinen eigensten Gedanken und auch in der inneren Auseinandersetzung, dem geistigen Umgang mit der Kunst.
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