Der schönste Refrain des Todes ist das Leben.
In dieser Künstleroper wird vom Dichter Heinrich von Kleist erzählt, der, 1777 in Frankfurt (Oder) geboren, sich nach intensivem Leben und Dichten gemeinsam mit Henriette Vogel im November 1811 am Kleinen Wannsee zu Berlin erschoß. Kleist, der sich in Gesellschaft nicht zu benehmen wußte und dennoch viele mit seinem direkten Wesen und seinen brillanten Werken gewann oder zumindest beeindruckte, ließ seinen Gefühlen stets freien Lauf. Er ver- wandelte Menschen, die ihm begegneten, zwischen Militär und »jeunesse dorée« der deut- schen Romantik, in imaginäre Figuren. Seine politische Hellsichtigkeit ließ ihn die Folgen der Französischen Revolution bis in die Kolonien in Übersee hinein begreifen. Tanja Langer
Welch eine Herausforderung! Heinrich von Kleist, dieser Seele-von-Mensch, ein Gesicht zu geben. Diesem Leidenschaftler zwischen Weltumarmung und Freitodverabredung einen drei- dimensionalen Körper zu verleihen; eine Stimme, die zudem noch singt; Kleists Gestus, seine Mimik, seinen Habitus zu erfinden; ihn in einen Bühnenraum zu stellen, in grelles Gegenlicht zu tauchen; ihn in Kontakt zu bringen mit seinen Geschöpfen, reagieren zu sehen auf unsere virtualisierte Welt; live zuzusehen, wie er auf Bäume klettert, seine Umwelt zu verstehen ver- sucht, eingreift; wie er unter Blähungen leidet, wie er sich kaputt lacht, wie er sich umbringt; wie hemmungslos er Dinge ausspricht und wie nah man ihm sich fühlen kann. Das möchte spannend werden. Bernd Mottl
Inhalt
Vorab grölen vier Brüder ein Gloria in Excelsis Deo. Sie stürmen immer wieder die Bühne, als Soldaten, Marodeure, Terroristen.
1. Akt: Zwei lieben sich. Kleist, jung und begabt, liederlich und leidenschaftlich, hellhörig bis zum Schmerz, hingebungsvoll bis zum Abgrund, asozial und hinreißend, läuft seinem Freund Pfuel aus Paris davon. Der folgt ihm verzweifelt; sie treffen sich an einem See, Kleist springt auf einen Baum; sie finden sich, werden aber von den vier Gloria brüllenden Brüdern gestört.
2. Akt: Im Salon. Kleist knirscht mit den Zähnen, stinkt, benimmt sich schlecht und fasziniert alle mit mörderischen Geschichten von abgehackten fingern und ungewollten Schwangerschaf- ten. Er entdeckt eine, die genauso fremd und intensiv am Rande steht: die Dichterin Karoline von Günderode. Wir sind zwei dunkle Sterne. Napoleon sprengt die Situation.
3. Akt: Einer dichtet. Kleist, in Kriegsgefangenschaft, das Personal aus dem Salon mit ihm, verwandelt in imaginäre Gestalten: Bettine von Arnim als hingebungsvoll-tyrannisches Käth- chen, Günderode als exzentrische Penthesilea, die Schwester Ulrike als harte Aufseherin, vier Brüder in einem Käfig. Kleist kann nicht kacken, aber er dichtet, seine Figuren liegen im Clinch miteinander, Napoleon zankt mit Hermann, ein Maler aus St. Domingo malt Kleist und hat Heimweh, eine karibische Operette wechselt mit Konkurrenz und Eifersucht, knarzende Stille mit fragmentarischen Eruptionen der Gefühle.
4. Akt: Stirb frei. Kleist, der nun viel geschrieben hat, hat kein Geld und keine Aussicht, er ist mit den Nerven herunter. Sein Freund Pfuel geht eigene Wege, die Schwestern wollen ihn nicht mehr unterstützen, das Land liegt danieder, Terror herrscht und Pessimismus. Nur eine geht mit ihm, Henriette. Eine letzte Nacht schiebt sich in ein letztes Gespräch vor dem Tod.
http://www.opernnetz.de/seiten/rezensionen/bra_kleist.htm
http://archiv.pnn.de/archiv/04.04.2008/3944168.pnn
http://www.dradio.de/dkultur/sendungen/fazit/758530/
http://www.welt.de/welt_print/article1837057/Heinrich_von_Kleist_gibt_es_jetzt_auch_als_Oper.html